Leuna-kritisch ist wieder da!


Liebe Leunaer,

leuna-kritisch.de ist wieder da. Die Seite war längere Zeit nicht abrufbar. Nun ja, damit muss man rechnen, wenn man Themen anreißt, die einigen nicht passen. Die alten Artikel werden wieder eingestellt, das Erscheinungsbild der Seite erneuert. Weiter geht’s.

Womit anfangen? Vielleicht mit einem meiner Lieblingsthemen? Straßenausbaubeiträge? Beschränkung der freien Meinungsäußerung? Oder etwas neues? Bürgermeisterwahl? Corona?

Vielleicht zu Beginn etwas zum Thema Corona. Lesen Sie ruhig weiter. Es folgt weder eine medizinisch-wissenschaftliche Abhandlung zum Thema, noch eine Stellungnahme, ob nun Impfen gut oder schlecht, die Beschränkungen richtig oder falsch oder die Regierung eine gute Arbeit macht oder nicht.

Fakt ist, es gibt das Virus, die Erkrankung, die zahlreichen Regelungen und vorallem jede Menge Meinungen zum Thema. Trotz alledem muss das Leben weitergehen. Daher sind pragmatische Lösungen gefragt.

Zu Beginn der „letzten Welle“ preschte eine Stadtratsfraktion mit ihrem Antrag hervor, eine 2 G-Regelung einzuführen, das heißt, es müssen alle Teilnehmer der Sitzungen geimpft oder genesen sein. Alle, die weder das eine noch das andere sind, hätten irgendwo hinter einer Glaswand sitzen oder sich gar in einen anderen Raum begeben müssen. Für mich eine Art Diskriminierung oder Zur-Schau-Stellung. Zudem hätten sich alle Stadträte, Ortsbürgermeister, sachkundigen Einwohner, Gäste der Sitzungen gegenüber einem Mitarbeiter des Ordnungsamtes (?) „outen“ müssen, ob sie privilegiert sind oder in den Glaskasten müssen.

Vielleicht haben mittlerweile viele die Scheu davor verloren, ihre persönlichen Daten jedermann Preis zu geben und natürlich auch allen möglichen Leuten über ihre Krankheiten und deren Prophylaxe (krankheitsvorbeugende Maßnahmen) zu berichten. Ich habe gelernt, mit medizinischen Daten sehr! sorgfältig umzugehen.

Wenn jemand über seine Probleme beim Wasserlassen, das Ergebnis seiner Darmspiegelung oder die Probleme mit dem „Zucker“ reden will, soll er das tun. Ebenso darüber, ob und welche Tabletten er nimmt, wie seine Blutfettwerte sind oder ob und wogegen er geimpft ist. Wenn sie es freiwillig tun, so sollen sie es tun. Jemanden zu nötigen, Auskunft zu geben, halte ich für unhöflich.

Ob man die aktuellen Beschränkungen unseres Lebens als sinnvoll erachtet oder nicht, soll nicht diskutiert werden. Es gibt sehr viele unsinnige, nicht umsetzbare, nicht kontrollierbare und sich auch widersprechende Regeln. Aber, es sind Gesetze und Verordnungen.

Zurück zum Stadtrat. Vordergründiges Ziel der antragstellenden Fraktion ist aus meiner Sicht die Neugier gewesen, ob denn alle geimpft sind. Um den Schutz vor Ansteckung oder den Schutz der besonders Gefährdeten ging es weniger. Dann hätte man alle Mandatsträger Ü60 oder die Übergewichtigen in den Glaskasten stecken müssen, zwei Merkmale, die bekannt oder sichtbar sind. Die dritte Gruppe – chronisch Kranke, Diabetiker… – ist ebenfalls gefährdet. Zur Erfassung des Merkmals bedarf es jedoch der Bekanntgabe medizinischer Daten.

Als Arzt finde ich es zuweilen sehr amüsant, der Diskussion medizinischer Laien über Krankheiten, deren Verlauf, die Heilungschancen, die „Qualität“ von Ärzten und Kliniken zu folgen. Im Stadtrat war es auch so. Als erstes die Begründung der Antragsteller – in der Art, wie Sie es aus dem Fernsehen kennen – Gesundheitsminister, RKI-Chef usw. Dann kamen die Argumente der Impfbefürworter – das gleiche, was im Fernsehen läuft – und die Entgegnung eines nicht-geimpften Stadtratsmitglieds. Also wussten nun alle, das … nicht geimpft ist. Das nahm ein Vertreter aus den Reihen der CDU zum Anlass und wetterte los, dass er genau wegen solcher Impfverweigerer seine Geburtstagsfeier mit 120 Gästen absagen musste. Der genaue Wortlaut seiner Anmerkung wird hier nicht veröffentlicht, da er sich jenseits meines tolerierbaren Wortgebrauchs bewegt.

Mir reichte es.

Sodann unterbreitete ich folgenden Vorschlag: „Wenn es der antragstellenden Fraktion in erster Linie oder sogar ausschließlich um die Gesundheit der Anwesenden geht, so sollen man bitte beachten, dass auch Geimpfte und Genesene sich infizieren, erkranken und das Virus verteilen können. Das Vorhandensein eines Zertifikats schützt (leider) nicht davor. Um einigermaßen sicher zu gehen, wäre ein Test unmittelbar vor der Sitzung die aus medizinisch-biologischer Sicht sinnvollste Lösung. Absolute Sicherheit gibt es natürlich nicht, z.B. falsch negativer Test. Aber das Testen aller ist besser als das Abfragen von Gesundheitsdaten.“

Es gab keinen Einwand. Die antragstellende Fraktion wurde gefragt, ob sie ihren Antrag so ändern wolle, und siehe da, sie tat es. Abstimmung: 19 dafür und 2 dagegen.

Ein paar Tage später konnten Sie einen Artikel darüber in der Lokalzeitung lesen. Geschrieben von einer Reporterin, die selbst nicht anwesend war – eben Qualitätsmedien. Im späteren Sitzungsprotokoll stand nur: „Herr … [Stadtratsvorsitzender] informiert zu dem gestellten Antrag. Es folgt eine kontroverse Diskussionsrunde zum Thema. Am Ende dieser einigt man sich zu dem 1G Modell, das heißt, dass sich jeder vor Sitzungsbeginn auf das Coronavirus testen muss.“

An solche Protokolle habe ich mich schon gewöhnt. Immer, wenn eine heftige Diskussion geführt wird, gegensätzliche Meinungen aufeinander prallen, sich der eine oder andere im Ton vergreift, so steht nichts davon im Protokoll. Und schon gar nicht, wenn jemand von der „bösen blauen Partei“ einen Vorschlag macht, der angenommen wird.

Ich kann damit leben.

Im Endeffekt fragt nun keiner nach dem Impfstatus, keiner muss Angaben zur Gesundheit machen, alle werden getestet, keiner muss abgesondert werden oder im Glaskasten sitzen. Gleichheit für alle – auch in Zeiten der Pandemie. Hat sich einer im Stadtrat infiziert? NEIN!

Udo Bilkenroth

PS: Einer Stadträtin passt das Vorgehen offenbar nicht. Sie lehnt den Test ab und muss daher im Glaskasten Platz nehmen – dreiseitig abgeriegelt, zum Schutz der anderen. Ich wollte verhindern, dass jemand ausgegrenzt wird. Aber wer freiwillig in den Glaskasten will, soll dies ruhig tun. Des Menschen Wille ist sein Himmelreich.


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